Nicolai von Wilm: Wiesbadener Synagogen-Gesänge

Im Jahr 1863 begann die liberale jüdische Gemeinde in Wiesbaden mit dem Bau einer neuen Synagoge am Michelsberg. Die Entwürfe für die Synagoge hatte der Herzoglich Nassauische Landesbaumeister Philipp Hoffmann gezeichnet. Er gestaltete die Synagoge in einem neo-orientalischen (maurisch-byzantinischen) Stil. Das am 13. August 1869 eingeweihte, 35 m hohe Gebäude mit seiner prägenden Kuppel galt als eines der schönsten Bauwerke der Stadt. Die Synagoge (die beim Novemberpogrom 1938 niedergebrannt und zerstört wurde) hatte 358 Männer- und 224 Frauenplätze sowie eine Orgel.

Fünfzig Jahre nach Baubeginn erschien im Selbstverlag des Wiesbadener Synagogen-Gesangsvereins der Sammelband Wiesbadener Synagogen-Gesänge. Herausgeber des Bandes, der dem Wiesbadener Synagogen-Gesangverein zur Fünfzigjahrfeier gewidmet ist, waren der Oberkantor der Hauptsynagoge Abraham Nussbaum und der Dirigent des Synagogen-Gesangsvereins Otto Wernicke.

Die Herausgeber stellen dem Vorwort als Motto den Vers „Lobet den Herrn alle Völker, preiset ihn alle Nationen.“ voraus und erläutern dies folgendermaßen:

Dieser Gedanke liegt den „Wiesbadener-Synagogengesängen“, die nicht nur von jüdischen Meistern komponiert sind, zu Grunde. Der „Wiesbadener Synagogen-Gesangverein“ stand lange Zeit im Mittelpunkte des Wiesbadener Musiklebens; so konzertierte er u.a. am 12. August 1869 im hiesigen Kursaale vor weiland Kaiser Wilhelm I und dessen Gefolge. Speziell die gottesdienstlichen Chorvorträge der Meisterwerke von Sulzer, Naumbourg, Lewandowski, Deutsch u.a.m. erweckten das Interesse auch unserer nichtjüdischen Mitbürger. Vor allem aber wurden die verschiedenen hiesigen Tonkünstler angeregt, sich auf dem Gebiete der synagogalen Musik zu erproben.

Wohl in keinem  Sammelband mit synagogaler Musik dieser Zeit ist der Anteil von Werken nichtjüdischer Komponisten so hoch wie in den Wiesbadener Synagogen-Gesängen. Mit 14 Chorsätzen allein ist Nicolai von Wilm vertreten, über den im Vorwort zu lesen ist:

Professor Nicolai von Wilm war ein häufiger Synagogenbesucher und wurde dadurch zum Schaffen eines Liederzyklus für die Synagoge begeistert.

Nicolai von Wilm wurde am 4. März 1834 in Riga geboren. Nach erstem Kompositionsunterricht bei Conradin Kreutzer studierte er von 1851 an am Leipziger Konservatorium. 1856 kehrte er nach Riga zurück und war dort kurze Zeit als zweiter Kapellmeister am Stadttheater tätig. 1858 ging er nach St. Petersburg, wo er von 1862 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1875 Musiktheorie und Klavier am Konservatorium lehrte. 1875 übersiedelte Nicolai von Wilm nach Dresden und ließ sich 1878 in Wiesbaden nieder, wo er sich nun ausschließlich seinem kompositorischen Schaffen widmen konnte. Wilm starb  am 20. Februar 1911 in Wiesbaden. Im kompositorischen Œuvre Nicolai von Wilms dominiert die Klaviermusik; er hinterließ einen reichen und originellen Beitrag zur pädagogischen Klavierliteratur. Auch seine kammermusikalischen Werke erfreuten sich seinerzeit großer Beliebtheit. Am Bekanntesten ist darunter wohl das Nonett für Streicher aus seinem Todesjahr 1911

Die Ausgabe Neun synagogale Gesänge aus den „Wiesbadener Synagogengesängen“ umfasst die neun Werke Nicolai von Wilms aus den Wiesbadener Synagogen-Gesängen, die für gemischten Chor a cappella gesetzt sind (die anderen Sätze sind für Kinderchor und Orgel bzw. gemischten Chor und Orgel). Alle synagogalen Gesänge Nicolai von Wilms basieren auf deutschen Texten

 

Nicolai von Wilm: Neun synagogale Gesänge aus den „Wiesbadener Synagogen-Gesängen“ für gemischten Chor a cappella.

LMV 181. Partitur. 22,00 €. LMV 181-01. Chorpartitur. 8,80 €.

 

 

LMV 181 Nicolai von Wilm: Synagogale Gesänge (Probepartitur)
LMV 181 Wilm Synagogale Gesänge.pdf
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